Zusammen mit meiner Partnerin entscheide ich mich Ende September kurzfristig zu einer E-Bike-Tour an einem verlängerten Wochenende. Das Wetter ist dank Fön in den Alpen noch spätsommerlich warm und so fällt unsere Entscheidung nicht schwer: Dieses Mal soll es ins Hochgebirge gehen, das wir sonst nur vom Skifahren kennen. In die nähere Wahl kommt nach der Recherche auf der Webseite des E-Bike-Verleihers Movelo Ischgl und das Paznauntal. Die nette Dame des Tourismusverbands empfiehlt auf Nachfrage statt der international bekannten Winter-Partyhochburg, in der bereits die Renovierungsarbeiten für die nächste Skisaison laufen, das familiäre und spektakulär im engen Talkessel gelegene Dorf Galtür und hier das Hotel Die Post. Ein sehr gute Empfehlung, wie sich zeigen wird.Bereits die Anfahrt mit dem Pkw ist ein Erlebnis. Über die 25,4 km lange mautpflichtige und nur im Sommer geöffnete Silvretta-Hochalpenstraße, eine der schönsten Gebirgsstraßen der österreichischen Alpen, die sich mit 32 Kehren auf 2.032 Meter Höhe schraubt, geht es direkt bis nach Galtür. Oben angelangt faszinieren der Silvretta Stausee und die raue hochalpine Bergwelt mit der Aussicht auf bizarre Felsformationen, Gipfel und Gletscher. Eindrücke, die wir später noch hautnah auf dem E-Bike vertiefen werden.Mitten im engen, aber sonnenverwöhnten Talkessel, eingerahmt von mächtigen Dreitausendern, liegt das Dorf Galtür am Taleingang auf einer Höhe von 1.584 Metern. Touren in der Umgebung werden im Internet und auf Flyern beschrieben, die wir im Hotel erhalten. Hier finden sich auch Übersichten zu Lade- und Akkuwechselstationen. Ein Service, den man bei steilen Anstiegen und schnell schrumpfender Akkuleistung schnell zu schätzen lernt. Was uns besonders fasziniert, ist die einzigartige Landschaft mit zum Greifen nahen Bergen, einmaligen Panoramen, Bergseen über der Baumgrenze und eine fast menschenleere Umgebung. Traumhaft! Mit dem E-Bike verdoppeln wir nicht nur unsere Reichweite, wir erreichen auch Orte, für die uns in der Höhenluft sonst eindeutig die Kondition fehlen würde.Zeit für andere Dinge gewinnen.Zudem gewinnen wir Zeit für andere Dinge. Während Wanderer bei der Tour auf die Neue Heilbronner Hütte früh wieder aufbrechen, sind wir am Nachmittag die Letzten, die sich auf den Rückweg machen, der sich bei stetem Gefälle ohne Anstrengung flott und sehr entspannt bewältigen lässt. Natürlich kann man auch wunderbar parallel zur Silvretta-Straße, die durch das ganze Tal führt, auf Wirtschaftswegen durch saftige Wiesen und Wälder fahren und Umwege auf Anhöhen mitnehmen, die gute Fotomotive versprechen. Highlight und mein persönlicher Tipp sind aber die Touren zu den bei Wanderern beliebten Hütten, die neben einer spektakulären Aussicht auch eine tolle Atmosphäre und Schmankerln aus der Region bieten. Unkompliziert zu bewältigen ist die Route zur Jamtalhütte auf 2.165 Metern. Durch mächtige Berge schlängelt sich ein breiter Schotterweg mit stetiger Steigung 580 Höhenmeter den Berg hinauf. Bis hin zum letzten Anstieg, der mit rund 18 Prozent Steigung bei Manchem einen Schiebeabschnitt fordert, dafür mit einem grandiosen Blick auf den gleichnamigen Gletscher entschädigt.Mein persönliches Highlight war die Tagestour zur Neuen Heilbronner Hütte auf 2.320 Metern, die als Zwischenstation einer Transalp-Route beliebt ist. Von Galtür aus geht es vorbei am Kops-Stausee, der bereits für sich ein einmaliges Panorama bietet. Danach führt die Route durch den Wald über die Baumgrenze in ein Seitental inmitten der eindrucksvollen Landschaft des Verwallgebirges, wo sich die Hütte auf einem Kamm knapp unterhalb der Berggipfel befindet. Auch hier sind die letzten Meter sakrisch steil, wie die Tourenbeschreibung des Hotels betont. Wir widersprechen nicht wir mussten schieben.Text: Reiner Kolberg
Länge der Tour
84,7 km
Tourcharakter
E-Bike-Routennetz mit kurzen knackigen Touren, auf dem man schnell einige tausend Höhenmeter sammelt. Routen teils über geschotterte Wege, die aber keine besonderen Fahrkenntnisse erfordern.
Geeignet für
Mountainbiket