Neue Reifen eröffnen die Welt der Tubeless-Technik auch für Trekkingbiker. Bisher ungekannter Leichtlauf ohne Nachteile beim Pannenschutz ist der große Vorteil der schlauchlosen Reifen. Wer ihn gezielt nutzt, profitiert ebenfalls von einem Komfortplus. Was das Umrüsten des Trekkingrades auf Tubeless Trekkingreifen kostet, was man beachten muss, und wie es geht, zeigen wir hier. Passende Tubeless-Laufräder für Trekkingbiker, Randonneure und Gravelbikes stellen wir in Ausgabe 1/16 des RADtouren-Magazins vor.
Tubeless-Reifen am Trekkingrad bergen ganz neue Möglichkeiten der Beschleunigung. Um sie zu erfahren, benötigt man zunächst einen Tubeless-Reifen, also einen Reifen, der ohne Schlauch montiert wird. Schwalbe treibt die neue Technik voran und bietet gleich drei interessante Trekkingreifen mit seiner Tubeless Easy Technik an: In der Marathon-Familie sind es der Asphaltspezialist Marathon Supreme TLE sowie der Allrounder Marathon Almotion, der inzwischen sogar ausschließlich als Tubeless Easy-Pneu zu haben ist. Daneben gibt’s den geländeorientierten und leichten Allroundreifen Schwalbe G-One. Vittoria hat mit dem Modell Adventure Trail TNT ebenfalls einen interessanten Tubeless tauglichen Allroundreifen im Programm.
Da der Schlauch wegfällt, muss die Felge neue Aufgaben erfüllen. Erstens: Den Reifen so fixieren, dass er dicht mit der Felge abschließt. Zweitens: Die Felge muss selbst „luftdicht“ verschlossen sein oder nachträglich mit einem speziellen Klebeband luftdicht zu machen sein. In der Regel sind deshalb spezielle Felgen erforderlich. Sie stammen vornehmlich aus dem MTB-Bereich, wo sich die Tubeless-Technik schon einige Jahre bewährt hat. Es gibt Tubeless-Felgen und fertige Laufräder von den verschiedensten Herstellern. Meist sind sie durch den Zusatz „Tubeless Ready“ gekennzeichnet. Angeraten ist schon wegen der Verfügbarkeit der MTB-Laufräder die Kombination mit Scheibenbremsen. Mit ihnen entfalten Tubeless-Reifen ihre Vorteile besonders gut. Denn Scheibenbrems-Felgen benötigen keine Bremsflanken. So können sie leichter sein. Hat die Tubeless-Felge Löcher im Felgenbett, muss sie zusätzlich mit einem Spezial-Felgenband präpariert werden. Außerdem wird ein Tubeless-Ventil eingeschraubt und Dichtmilch in den Reifen gefüllt. Alle benötigten Teile praktisch zusammengestellt gibt es in Tubeless-Kits.
DAS BRAUCHEN SIE:
Damit ergeben sich Kosten für die Tubeless-Umrüstung eines Trekkingrades etwa in folgender Höhe:
– Reifenpaar: ca. 98 Euro (Schwalbe / Vittoria).
– Laufradsatz: ab ca. 240 Euro (XT-Niveau)
– Tubeless-Kit: ab ca. 28 Euro (Bulls)
Unter 370 Euro ist die neue Technik folglich kaum zu haben. Was bekommt man dafür? Erstens: Leichtlauf. Weil Tubeless-Reifen keinen Schlauch benötigen, können sie prinzipiell leichter rollen. Denn die Reibung zwischen Schlauch und Reifendecke schluckt immer etwas Energie. Zweitens: Pannenschutz: Es besteht keine Durchschlaggefahr. Diese Art Platten kann kann nur entstehen, wenn der Schlauch zwischen Felge und einem Hindernis wie einem Bordstein eingeklemmt wird. Also nicht beim Schlauchlos-Reifen. Zudem dichtet eine Milch im Inneren Durchstiche automatisch ab. Drittens: Komfort. Denn der Druck gesenkt werden, ohne Pannen zu riskieren oder einen schwer rollenden Reifen zu haben.
Ein bisschen ist ein Tubeless-Reifen wie ein E-Bike. Man muss in fahren, um das Aha-Erlebnis zu haben.
Alle Tubeless-Reifen, die wir ausprobiert haben, liefen unmittelbar spürbar leichter als vergleichbare Reifen mit Schlauch. Den Fahreindruck belegen auch Zahlen aus dem Labor: So erzielte bereits die 2014er Tubeless-Variante des Schwalbe Marathon Almotion im Test nach unseren Vorgaben um 20 Prozent niedrigere Rollwiderstandswerte (rund 5 Watt bei 23 km/h) als das vergleichbare Modell mit Schlauch. Aktuelle Tubeless Easy- oder Tubeless-Ready-Modelle rollen sogar noch leichter, weil die Seitenwand weiter optimiert wurde.
Weniger Druck mehr Komfort
„Ein Tubeless-Easy-Reifen kann bei gleichem Rollwiderstand grob gesagt mit einem Bar Druck weniger gefahren werden“, fasst Rene Marks, Produktmanager Trekkingreifen bei Schwalbe, die Ergebnisse eigener Labortests zusammen. Was das in der Praxis bedeutet, zeigte sich bei unseren Fahrten mit verschiedenen Reifendrücken. Spontan waren alle zunächst vom niedrigen Rollwiderstand mit hohem Luftdruck beeindruckt. Der Reifendruck der Wahl lag dann aber deutlich niedriger. Fast alle schwärmten für den Komfort und die gefühlt bessere Bodenhaftung in Kurven besonders auf unbefestigten Wegen mehr als für den ultimativen Rollwiderstand. Übrigens: Bei Tubeless-Systemen ist es wichtig, die Reifendruck-Empfehlung für die Felge einzuhalten. Liegt diese niedriger als der mögliche Maximaldruck des Reifens, sollte man sich nach der Angabe auf der Felge richten. Vorbildlich: Bei DTSwiss, Ryde, Stan’s NoTubes und Mavic-Laufradsätzen finden sich entsprechende Angaben auf den Felgen oder auf der Webseite. Mit um die 3,5 bar für einen 42mm-Reifen liegt die Empfehlung ungefähr auf dem Niveau, das die Tester bevorzugten. „Bei den Angaben auf der Felge handelt es sich wirklich um eine Empfehlung, keine Vorgabe. In der Praxis muss man auch das Fahrergewicht beachten“, schränkt Alexander Schmitt von DTSwiss ein. Wer leichter ist kann theoretisch tendenziell einen höheren Wert wählen.
Weiterlesen für die genaue Montageanleitung.
SO GEHT DIE MONTAGE
Felge vorbereiten: Das Tubeless-Band in der richtigen Größe passend zur Maulweite der Felge wählen. Unter festem Zug – so fest es geht – genau mittig in die Felge kleben. Circa 10cm vor dem Ventilloch beginnen und 10cm dahinter enden. Beim Aufbringen kontrollieren ob das Band überall mittig sitzt. Es darf nirgends die Flanke „hochklettern“. Sonst ein Stück abziehen und wieder neu starten.
Ventilloch stechen: Mit einem Schraubendrehen am Ventilloch das Band durchstechen. Achtung Verletzungsgefahr!
Ventil einbauen: Ventil durch das Loch stechen. Schraubkappe und gegebenenfalls Dichtring darunter aufschrauben und handfest anziehen. Bei Schwalbe Ventilen dichtet ein Konus selbsttätig das Ventilloch ab.
Reifen auf die Felge legen: Den Reifen zunächst mit einer Flanke in die Felge legen. Dabei so positionieren, dass der Reifenkern rundum in der tiefsten Stelle des Felgenbetts liegt. Das erleichtert die Montage der zweiten Seite.
Reifen vorbereiten: Beide Reifenflanken großzügig mit Montageflüssigkeit benetzen.
Dichtmilch einfüllen: Die Dichtmilch vor der Montage der anderen Reifenseite einzufüllen erwies sich bei uns als komfortable uns saubere Lösung. Mengenempfehlung des Herstellers für die Reifengröße beachten. Wir nahmen 40ml für einen Trekkingreifen.
Reifen aufziehen: Reifen zuerst unten, wo der Dichtmilch-See liegt, mit beiden Daumen auf die Felge drücken. Schritt für Schritt nach oben vorarbeiten.
Reifen aufziehen: Zum Schluß erleichtert ein Reifenheber die Arbeit. Wichtig: Reifen auf der einen Seite mit dem Daumen an die Felge drücken und so vor dem Herunterrutschen abhalten. Mit dem Reifenheber von der anderen Seite den Reifen ins Bett hebeln. Korrekten Sitz des Reifens kontrollieren.
Fast fertig.
Reifen aufpumpen: Pumpenkopf ansetzen und fixieren. Pumpengriff so weit wie möglich nach oben ausziehen, um mit einem festen Stoß so viel Luft wie möglich auf einmal in den Reifen zu bringen. Schnell und gleichmäßig weiterpumpen. Der Reifen setzt sich mit deutlich hörbaren Knallgeräuschen richtig ins Felgenbett.
Problem beim Befüllen? Es kann sein, dass das Ventil nicht genug Luft auf einmal durchlässt. Notfalls Ventilkopf herausschrauben. Reifen ohne Ventilkopf aufpumpen.
Pumpe abnehmen und in einem Arbeitsschritt direkt Ventil mit dem Daumen zuhalten und anschließen Ventilkopf einsetzen und festschrauben.
Druck einstellen: Reifen gemäß der Druckempfehlung aufpumpen. Zwei Angaben sind zu beachten. 1. Die des Felgenherstellers. Sie findet sich entweder auf der Felge oder auf der Internetseite des Herstellers und richtet sich nach der Größe der Breite des Reifens. 2. Die Angabe des Reifenherstellers. Sie ist auf der Flanke des Reifens zu finden. Orientieren Sie sich zunächst am niedrigsten Maximalwert auf Felge oder Reifen. In der Fahrpraxis können sie dann den Druck nach Gefühl bis zum Minimalwert absenken.
Wir fanden zum Beispiel einen Trekkingreifen der Größe 40-622 sehr komfortabel und sicher fahrbar mit 3,0 bar bei einem Systemgewicht aus Rad, Fahrer und Gepäck von 110kg.