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Tasting Travels: Von Armenien in den Iran

Eine Geröll und Felsen-Straße in Armenien
Durch Geröll und Felsen geht es immer weiter bergauf.

Am Grenzübergang zwischen Georgien und Armenien geht alles ganz schnell. Das Visum klebt schon im Pass während ich noch mein Formular ausfülle. Die in der armenischen Botschaft versprochene Landkarte bekomme ich allerdings nicht. Der zweite Tacho hat in der Türkei den Geist aufgegeben und so müssen wir schätzen und uns durchfragen. Die Temperatur pendelt weiter um die 40°C und die Hügel treiben den Schweiß aus den Poren.
Eine der Abfahrten in Armenien
Eine der Abfahrten in Armenien

Die Straße ist weder so furchtbar wie ich gehört, noch so grandios wie ich gelesen habe. Von Anfang an ist es hügelig. Wir zelten bei einem netten Herrn im Garten und im Hof eines Restaurants bevor es richtig in die Berge geht. In der prallen Sonne schwitze ich nicht schlecht und wir beschließen, eine dritte Wasserflasche anzuschaffen. Mit den Bergen steigt auch der Wasserverbrauch und am Ende schleppen wir 8 ½ Liter Wasser mit uns herum. Da wir keinen Vordergepäckträger haben, versuchen wir das hinten gestapelte Gewicht möglichst gering zu halten, um die Speichen nicht unnötig zu strapazieren. Dennoch – genügend Wasser zu haben ist mir am Wichtigsten.
Am ersten Sonntag wird überall gegrillt. Die öffentlichen Grillplätze liegen neben den Trinkwasserquellen und beim Auffüllen werden wir zwei Mal von sehr netten Familien zum Schaschlik eingeladen. Wir genießen die anschließend flache Fahrt durch die Berge und genießen endlich gebührend die Aussicht. Nachmittags regnet es wie immer und wir freuen uns über die Abkühlung. Abends fragen wir in einem Dorf, ob wir auf der Kuhweide zelten dürfen. Der Mann hat einen sehr grimmigen Blick und ich fürchte mich kurz vor ihm, doch dann grinst er durchs ganze Gesicht, läuft zum Tor und öffnet uns.
Eine Bauernfamilie aus Armenien
Unsere nette Gastgeberin führt uns auf dem Hof herum

Seine Frau und er vermissen ihre Kinder, die vor wenigen Jahren ausgezogen sind und nun werden wir statt ihrer verwöhnt. Es gibt selbst eingelegte Pflaumen aus dem Garten, selbstgemachten Joghurt von den eigenen Kühen, selbst gebackenes Brot und wir essen tatsächlich noch ein drittes Mal. Nachts schlafen wir im gemütlichsten Bett seit Ankara. Ein paar Hunde bellen, morgens muht die Kuh, ansonsten ist es still. Unsere Gastgeber schlafen im Kinderzimmer. Wir sind gerührt.
Am nächsten Morgen machen wir uns auf zum Sevan See. Zunächst geht es von etwa 1840 Metern über dem Meeresspiegel auf 1250 Meter hinunter nach Dilijan, dann wieder rauf auf 2130 und dann rollen wir gemütlich nach Sevan. Der Anstieg ist wie immer hart aber machbar. Oben angekommen pausieren wir eine Runde, trinken frisches kühles Quellwasser und bereiten uns mental auf den fast 3 Kilometer langen kaum beleuchteten Tunnel vor. Wir winken ein paar Reisemotorradfahren aus Polen zu und als wir uns gerade in den gruseligen Tunnel wagen wollen, kommt einer von den Motorradfahrern uns entgegen. „Ich habe im Tunnel an euch gedacht und ich glaube ihr werdet da drinnen Probleme haben. Wenn ihr mögt, fahre ich euch langsam hinterher und passe auf euch auf.“
Drei hilfsbereite Motorradfahrer aus Polen
Unsere Rettung

Genauso machen wir es und während ich mich im viel zu hohen Gang den steilen Tunnel hoch quäle gibt unser neuer Freund Acht, dass wir nicht von anderen Autos über den Haufen gefahren werden. Haben wir ein Glück!
In Sevan angekommen genießen wir den Blick auf den Sevan See nur kurz, dann fängt es an zu regnen und der Blick wird trüb. Wir sind froh, dass wir Pulli und Jacke nicht zu tief in die Packtaschen gesteckt haben. Die Temperaturschwankungen sind stark.
Roberto am Ortsschild von Jerewan
Ab in die kleine Hauptstadt Jerewan

Auf den letzten etwa 60 Kilometer nach Jerewan folgen wir einer zweispurigen Straße mit Seitenstreifen. Selbst die Einfahrt in die Hauptstadt ist einfach. Die armenischen Fahrer sind sehr rücksichtsvoll. Sie überholen uns kaum bei Gegenverkehr und lassen uns sogar beim Einfahren auf die Autobahn unsere Vorfahrt. Wir haben uns selten so sicher auf der Straße gefühlt.
Wir bleiben eine Woche in Jerewan, machen mit unserer Couchsurfing Gastgeberin einen Ausflug zum Aragats Berg und recherchieren alles für den immer näher rückenden Visums-Marathon im Iranischen Teheran.
Der Kari See am Fuße des Agarats Berges. Hierher unternommen wir einen Tagesausflug ohne Räder.
Der Kari See am Fuße des Agarats Berges. Hierher unternommen wir einen Tagesausflug ohne Räder.

Die ersten 70 Kilometer sind flach und es weht sogar eine leichte Brise. Wir fahren an Storchennestern vorbei und genießen endlich den Blick auf den Berg Ararat, der angeblich vom ganzen Land aus zu sehen sein soll. Am Fuß des ersten Bergpasses übernachten wir. Der Boden ist felsig und unser Zelt kann ohne Heringe nicht aufgestellt werden. Als Alternative entdeckt Roberto ein halbfertiges Haus. Wir freuen uns, doch als wir im Nebenzimmer ein selbstgezimmertes Bett und ein paar Schuhe entdecken, gruselt es mich. Als wäre der „Besitzer“ nur kurz unterwegs. Was tun? Nach Sonnenuntergang taucht noch immer niemand auf und auf mit einem mulmigen Gefühl breiten wir unsere Schlafsäcke aus. Wir bleiben in dieser Nacht alleine.
Roberto radelt durch die armenische Einsamkeit
Die Auswahl an versteckten Zeltplätzen ist gering.

Von etwa 810 Metern steigen wir am folgenden Tag auf 1810 Meter an. Ich fühle mich unvorbereitet und schlecht trainiert. Den Erfolg auf dem Pass haben wir ein paar iranischen LKW Fahrern zu verdanken, denen ich, nachdem sie uns zum mit frühstücken einladen, noch eine Flasche Trinkwasser abquatsche. Unseres ist fast leer.
Frühstückseinladung im Schatten der LKWs
Frühstückseinladung im Schatten der LKWs

Der Anstieg ist hart, die Landschaft karg und die Sonne wieder unbarmherzig. Doch oben angekommen ist die miese Laune wie weggeflogen. Wir rollen die hart erkämpften Höhenmeter bergab. Die Straße ist größtenteils akzeptabel, nur hin und wieder müssen wir wegen Dellen und Schlaglöchern abbremsen. Vor dem nächsten Pass durchfahren wir das Weindorf Areni, von dem an wir dem Arpi Fluss folgen. Die Straße ist wunderschön und der Canyon windet sich nur langsam den Berg hinauf. Auf diesem Streckenabschnitt entdecken wir alle paar Meter einen potentiellen Zeltplatz am Wasser. Im Garten eines Restaurants übernachten wir schlussendlich, lernen die große Besitzerfamilie kennen, versuchen uns in armenischen Volkstänzen und werden von der großherzigen Familie ordentlich durchgefüttert.
Serpentinen hinauf zum Pass
Serpentinen hinauf zum Pass – eine in Armenien alltägliche Herausforderung

Genau das brauchen wir, um auch den nächsten Pass zu überstehen. Brannte die Sonne in Areni (ca. 1000 Meter über NN) noch ordentlich, so müssen wir auf dem Vorotan Pass (2340 Meter) in langer Hose und Pulli frieren. Wir vernichten nach der Anstrengung unseren gesamten Proviant und alle Früchte, die uns die verdutzten Obststandverkäufer bei Ankunft in die Hände drücken.
Der Spandarian Stausee
Der Spandarian Stausee

Ich grinse bei der Abfahrt vor mich hin, doch schon bald ist der Spaß vorbei. Statt sanften Abstiegen häufen sich kurze aber steile Hügel vor uns. Es bleibt frisch. Wir radeln am Spandarian Stausee vorbei, durch Blumenwiesen und Weiden, an Bienenstöcken vorbei und durch kleine Dörfer. Zu beiden Seiten türmen sich die Berge und ich versuche, die Nackenschmerzen zu ignorieren und einfach zu genießen. Die lange ersehnte Abfahrt lässt bis kurz vor Goris auf sich warten. Dank der mittlerweile miesen Straßenverhältnisse und der vielen rußigen LKWs können wir sie aber nicht so sehr genießen. Im Slalom geht es langsam um die Schlaglöcher herum und ich fühle mich wie bei Mario Kart beim Bananenschalen ausweichen.
Die Steine und Felsen von Zorats Karer, einer antiken Sternwarte.
Zorats Karer, eine antike Sternwarte. Die etwa 7000 Jahre alte Sehenswürdigkeit liegt fast direkt auf dem Weg

In Goris nehmen uns zwei LKW Fahrer bis nach Kapan mit. Auf der Fahrt verliebt sich einer der Beiden spontan in mich und scheut sich auch nicht, das zu zeigen. Robertos Anwesenheit interessiert ihn nicht. Ich fühle mich etwas unwohl und bin froh, als ich wieder alleine auf meinem eigenen Sattel sitze und nicht mehr im Führerhaus eines lüsternen dicken Mannes.
Per Anhalter mit dem LKW
Per Anhalter mit dem LKW

Von Kapan aus sollten wir fast 2000 Höhenmeter hochklettern. Da es keinen Zug gibt und der Bus nur „vielleicht“ am folgenden Tag fahren sollte, gönnen wir uns ein Taxi bis zum höchsten Punkt. Oben angekommen ist es stockduster. Es gewittert und ein Blitz folgt dem anderen. Hier können wir keinesfalls zelten. Der Fahrer schlägt vor, uns in die nächste Stadt zu bringen.
Angekommen ist das knappe Autogas endgültig leer. Unser Fahrer will viel mehr Geld als ausgemacht haben, um zur nächsten Autogastankstelle zu fahren. Roberto und er diskutieren. Am Ende brüllt unser Fahrer auf Russisch und Roberto auf Englisch. Erst als plötzlich zwei andere Männer mit ins Taxi steigen, hat der Fahrer uns überzeugt und widerwillig rücke ich das restliche Geld raus.
Auf dem Weg zu einem der höchsten Bergpässe, dieses Mal bei Tageslicht
Auf dem Weg zu einem der höchsten Bergpässe, dieses Mal bei Tageslicht

Wir fühlen uns übers Ohr gehauen und als im Hotel der dreifache Preis verlangt wird, haben wir genug. Wir laden unsere Räder mitten in der Nacht in der überfluteten Straße ab und suchen auf eigene Faust weiter. Ein kleines Restaurant mit Stripclub vermietet Zimmer (tageweise, nicht stundenweise) und wir können endlich duschen und schlafen. Der Besitzer des Hotels lädt uns sogar zum Picknick ein und wir probieren den berühmten armenischen Cognac. Nachdem wir in ein paar Tagen einen großen Vorrat an Dollars und Euros zusammengesammelt und Iran-taugliche Kleidung für mich gefunden haben, sind wir im ganzen Dorf bekannt. Mit nicht ausgeschnittenem, langärmlichen und fast knielangem Oberteil und Kopftuch radeln wir der Iranischen Grenze entgegen. Es darf kein Schweinefleisch eingeführt werden, kein Alkohol (nicht einmal Brennspiritus), keine Spielkarten und auch keine Modezeitschriften.
Ein kleiner aber knackiger Hügel in Armenien
Ein kleiner aber knackiger Hügel in Armenien

An der Grenze müssen wir warten. Ich habe mich im Datum geirrt und wir haben unser Visum unbemerkt um einen Tag überzogen. Die Beamten diskutieren miteinander und am Ende wird beschlossen, uns ein weiteres 21-Tage Visum zu erteilen. Nach ein paar Stunden stehen wir auf der iranischen Seite des Grenzübergangs und sind auf weitere Strapazen gefasst, doch hier geht alles ganz schnell. Unser Gepäck wird nicht durchleuchtet und wir werden mit einem Lächeln willkommen geheißen. Bei durchschnittlich 45°C kämpfe ich mich im Kopftuch und mit langer Kleidung durch die Hitze und schon nach wenigen Stunden folgt die erste von unzähligen Picknick Einladungen. Wir fühlen uns sehr wohl und sicher und können es kaum abwarten mehr von diesem großen Land kennen zu lernen.
Unsere Route mit dem Rad durch Armenien
Unsere Route mit dem Rad durch Armenien

Text / Fotos: Annika Wachter. Zurzeit unterwegs mit dem Rad um die Welt.

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